Technologische Arbeit an der Lust. Vortrag, Filmabend und Diskussion

Freitag 25.10.2019 // 16.00 Uhr // Betriebsküche, Berliner Str. 63a, 01067 Dresden

Zwischen emanzipatorischen Potentialen und Restabilisierung patriarchaler Welt-verhältnisse und Beziehungsformen

Im Zentrum vieler Geschichten über die ‚sexuelle Revolution‘ steht das Narrativ einer ‚Befreiung der Lust‘. Demnach haben Durchbrüche in der Verhütungs- und Reproduktionstechnologie, emanzipato-rische Kämpfe und nicht zu vergessen neue Marktsegmente – von Sexspielzeugen bis zur Beratungs- und Therapiekultur – geholfen, die (insbesondere weibliche) Sexualität von der Bindung an die bioso-ziale Reproduktion zu lösen und Frauen von der Beschränkung auf die Mutterrolle, sowie von überkommenen Moralvorstellungen und rechtlichen Restriktionen zu befreien. Demgegenüber beklagt eine (nicht nur) feministische Kritik eine Durchsexualisierung aller Lebensbereiche, die untrennbar mit einer beschränkten maskulinen Konzeptualisierung von Sexualität und neuen Zwängen zur Arbeit am ständig verfügbar und attraktiv zu haltenden weiblichen Lustkörper verbunden bleibt.

Hinter diesen widerstreitenden Erzählungen steht eine Reihe widersprüchlicher Transformationen, in denen sich Formen und Funktionen der Sexualität im Zusammenhang mit den Formen vergeschlechtlichender Arbeitsteilung und der Geschlechterverhältnisse grundlegend gewandelt haben, in ihrer kapitalistisch-patriarchalen Kernstruktur aber unverändert geblieben sind.

Wir wollen der Frage nachgehen, wie und warum sich diese Wandlungen in diesen Formen vollzogen haben, aber auch welche alternativen Entwicklungsmöglichkeiten es gab und gibt: In welchen politisch-ökonomischen Kontexten ist unser Wissen über Sexualität, Körperlichkeit, Gesundheit, Geschlecht und Begehren entstanden? Wie ist es mit gesellschaftlichen Dynamiken und Kämpfen verwoben? Wie hängen Veränderungen der Sexualität mit technischen, ökonomischen und soziokulturellen Transformationen zusammen. Welche Möglichkeiten neuer Körper-, Selbst- und Weltverhältnisse werden dabei eröffnet und mit welchen Machtverhältnissen sind sie verbunden?

Ein einleitender Vortrag gibt einen Überblick über wichtige Zusammenhänge und Entwicklungslinien. Im Anschluss bieten Ausschnitte aus historischen Aufklärungs- und Ratgeberfilmen eine Grundlage, um auch ohne umfassendes Vorwissen ins Gespräch darüber kommen, auf welche Krisen und Veränderungen die gesellschaftliche Arbeit an der Lust reagiert, wie emanzipatorische Potentiale mit der Restabilisierung patriarchaler Beziehungsformen verbunden sind und warum grundlegende Transformationen der Produktions- und Geschlechterverhältnisse wie auch der Lebens- und Beziehungsformen dabei blockiert bleiben.

von: 16:00-20:00 Uhr
mit: Nora Molinari und Dr. Tino Heim (BMBF Verbundprojekt „Dinge und Sexualität. Produktion und Konsumtion im 20. und 21. Jahrhundert“)
für: eine Spende